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Nachdenken über Reisefotografie

David duChemin hat mich in einem Beitrag in seinem Blog zum Nachdenken gebracht:

Was ist wirklich wichtig für die Reisefotografie?

  Das Allerwichtigste ist viel Zeit am selben Ort zu verbringen, zu beobachten und mehr oder weniger Taschengeld dabei zu haben. Wenn ich an dieser Stelle von Reisefotografie spreche, meine ich das im weitesten Sinne. Es geht nicht nur um Reisen auf andere Kontinente, sondern auch um Städtetrips oder den abendlichen Bummel durch deine Stadt. Dort gibt es Plätze, die Fremden möglicherweise verborgen bleiben, die du aber kennst und an denen du interessante Stimmungen einfangen kannst. Bleib also lange an einem Ort – rase nicht durch die Welt wie ein Elektron, sondern nimm dir Zeit. Lerne die Sitten und Gepflogenheiten der Menschen vor Ort kennen und damit erschließt sich auch der Zugang zu ihnen.

  Ich spreche hier von der Fotografie als einer Kunstform, also möchte ich auch Kunst machen und keine Schnappschüsse fürs Familienalbum oder Postkartenfotos. Natürlich haben auch diese ihre Daseinsberechtigung, aber ist es nicht viel schöner, Bilder erzählen zu lassen, statt diese im Freundes- oder Familienkreis später erklären zu müssen? Übrigens: Nicht die Quantität, sondern die Qualität deiner Bilder ist entscheidend. Benutze deine Digitalkamera doch einfach einmal so, wie du früher eine Kleinbildkamera benutzt hast. Wie viele Rollen Film hast du an einem Tag verschossen? Zwei, drei, vier, höchstens fünf, oder nicht? Macht also maximal 180 Bilder pro Tag. Mach es auch so mit deiner Digitalkamera, überlege dir genau was du mit einem Foto bezwecken möchtest. Hat das Motiv Aussagekraft, kannst du dem Foto einen Titel geben? Wenn nicht, vergiss es und such dir eine andere Szene aus.

Der Blogbeitrag von David DuChemin im Wortlaut

Habe Kamera, werde reisen

Auf meiner ersten (und bis jetzt einzigen) Reise nach Russland wurde ich überfallen. Vielmehr war es ein versuchter Raubüberfall.

Ein Mann näherte sich meinem Freund und mir in einer kleinen Unterführung in St. Petersburg und fragte nach Geld. Als ich ihm wiederholt sagte, dass ich keins habe, hielt er mir eine kleine Sicherheitsrasierklinge hin und knurrte: „Ihr Geld oder Ihr Leben“ – ein Satz, von dem ich nie gedacht hätte, dass ich ihn außerhalb eines Groschenromans hören würde. Zu dieser Zeit war ich gut gegen den russischen Winter geschützt und um mit seiner kleinen Klinge an Fleisch zu kommen, hätte ich einen Akt außerordentlicher Nachgiebigkeit vollbringen müssen. So viel Zeit hatte ich nicht.

Also sagten wir ihm etwas unhöflich, er solle seine unternehmerischen Energien woanders hinlenken. Dann ging er zu einer Wand hinüber, an der Künstler ihre Kunst ausgestellt hatten, schaute in beide Richtungen, schnappte sich ein kleines Gemälde und steckte es unter seinen Mantel. Als er zu uns zurückkam, zeigte er es uns und sagte: „Sie wollen ein Bild kaufen?“

Was soll ich sagen? Es war 1991, der Eiserne Vorhang war gerade gefallen und die Feinheiten der Arbeit auf einem freien Markt waren in der ehemaligen Sowjetunion noch etwas nebulös. Man muss dem Mann zugute halten, dass er nicht so schnell aufgibt!

Das ist es, was ich am Reisen liebe. Egal, was passiert, die Dinge laufen aus dem Ruder, und dann beginnt das Abenteuer. Von den besten Reisen kommen Sie mit mehr als nur ein paar Souvenirs nach Hause; Sie kommen mit Erinnerungen nach Hause. Geschichten.

Wie damals, als die Affen in Kenia in mein Zelt eindrangen und es verwüsteten. Oder das eine Mal, als ein sehr wütender Affe mich in Alt-Delhi die Straße entlang jagte, während ich meine Kameratasche nach ihm schwang. Oder das eine Mal, als ich in Peru versuchte, einen Affen von meinem Kopf zu entfernen und er mich gebissen hat und ich dachte, ich würde an Ebola oder etwas ähnlich Schrecklichem sterben. Wenn ich es mir recht überlege, handeln viele meiner Geschichten von Affen. Das Einzige, was ich noch mehr liebe, als mit den Geschichten nach Hause zu kommen, ist, mit den Fotos nach Hause zu kommen.

Ob es nun um die Welt oder um die Ecke ist, neue Orte mit meiner Kamera zu erkunden, ist eine der großen Freuden in meinem Leben. Ich habe schon so viel von diesem wunderbaren Planeten durch meine Linse gesehen, und je mehr ich reise, desto mehr dürstet es mich nach Geschichten und Fotos.

Auf meiner letzten Reise nach Indien wollte ich Sie mitnehmen und habe einige Videos für Sie gemacht. Have Camera, Will Travel (oben) ist das erste von ihnen. Es ist neun Minuten lang und enthält drei Ratschläge, wie Sie auf Reisen die bestmöglichen Fotos machen können, ganz gleich, wo Sie sind. Das sind die wichtigen Dinge. Sie sind schwieriger als die Wahl der perfekten Kameratasche oder des Reisestativs, aber sie haben auch einen viel größeren Einfluss auf Ihre Fotos.

Wenn Sie es lieben, neue Orte zu erkunden, und wenn Sie auf Ihren Reisen bessere und bewusstere Fotos machen möchten, nehmen Sie sich ein paar Minuten Zeit, um dieses Video anzusehen. Unten haben Sie die Möglichkeit, Kommentare zu hinterlassen. Ich würde mich freuen, mit Ihnen über diese Ideen oder über Ihre Fragen zur Reisefotografie zu diskutieren.

Aus Liebe zum Foto,
David duChemin

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