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Heimaturlaub

Heimat ist ___ An Stelle des Platzhalters möge ein jeder Leser bitte für sich selbst eintragen, was Heimat für ihn ist. Was für mich Heimat ausmacht, ist ziemlich schwer zu fassen, daher mag ich es an dieser Stelle auch gar nicht erst umfassend versuchen. Der Ort meiner Heimat ist ein grausamer und gleichzeitig schöner Platz, der mich zeitlebens geprägt hat.

Was ich aber hier und heute als Hochgenuss empfinde, ist ein kleiner Einkaufsbummel in der ErMaFa-Passage in Chemnitz ohne lästigen Merkel-Maulkorb im August des Jahres 2 n.CoV. . Frei zu Atmen im Innern eines Gebäudes, welches wir nicht Zuhause nennen dürfen, ist für uns etwas Verbotenes und dort, wo ich mich überwiegend aufhalte, noch immer strengstens verboten.

Hier also bin ich jetzt wieder. Diesmal sitze ich im Dacia, ganz früher saß ich auf einer MZ, dann einer Java und wieder einer MZ, später saß ich im Ford, Fiat, Wartburg, Ford, Ford, Nissan, Hyundai und jetzt ist es eben ein Dacia. Wann immer ich zurückkehre zu diesem Ort, den ich Heimatstadt nenne, beschleicht mich mehr und mehr ein  unterschwelliger Eindruck von Unechtheit, von etwas künstlich Erschaffenem, von einer erdachten Scheinwelt, einer Matrix, einer Attrappe, die wie eine knallbunte fensterlose Fassade vor der Realität zu stehen scheint.

Ich denke bei dem Wort Heimat an heiße Sommertage, an aufgeschlagene Knie zwischen der kurzen Krachledernen und Baumwollkniestrümpfen in Ledersandalen, den beißenden Geruch des Desinfektionsmittels und das gefürchtete festklebende Pflaster auf den Wunden. Der Duft von frischem Brot aus der Backstube eine Straße weiter, die riesigen Kastanienbäume an der Straße, der Bolzplatz gegenüber — das alles war noch Heimat, was später kam, nicht mehr – das war nur noch Umgebung und Umstände, Teil der Show.

Nun bin ich also mal wieder hier (glücklicherweise nur kurz) und besuche alte Plätze, nehme vertraute Sprache und Bewegungen wahr, aber auch neue Plätze auf altem Boden, die sich zurecht fremd und künstlich anfühlen, weil sie aus dem Nichts kamen, nur dem unendlichen Konsum dienen anstatt der Menschlichkeit und Heimat schon gar nicht sein können und noch nicht einmal sein wollen.

Wenn ich zurückdenke an meine Heimatstadt an jenen Sommertagen … da gab es zwei Lebensmittelläden in unserem Viertel, mehr nicht und irgendwie brauchte es auch gar nicht mehr … Es gab noch einen Gemüse- und Obsthändler, es gab eine Molkerei, zwei Bäckereien, eine Fleischerei und sogar einen Fischhandel. Zwischen den Granitplatten, die den Gehweg bildeten, wuchs Gras und Löwenzahn und niemand wurde deswegen erschossen.

Heute gibt es fensterlose Hochbunker, die sich Supermarkt oder Discounter nennen und keinerlei Ambiente besitzen, heute werden Buntstifte für die Schulanfänger neben Waschpulver und Toilettenpapier angeboten. Mein scheußlich schmeckender Automatenkaffee für 2,60€ ist jetzt glücklicherweise kalt geworden, die Mall in der ErMaFa und damit Betonien sagen mir nicht sonderlich zu. Es sind Orte, an denen man nicht gern ist.

Ich verlasse die zu-asphaltierte und zu-betonierte Stadt und fahre in die (noch) relativ naturbelassene ländliche Umgebung, wenige Kilometer weiter … hier duftet es nach Wiesenblumen, altem Holz und Stallmist. Die Menschen, denen ich an diesem ländlichen Ort begegne, sind irgendwie alle besser drauf, als jene in Betonien und sie grüßen sogar zurück, wenn man ihnen einen guten Tag wünscht — dass ich dies noch erleben darf — im besten Deutschland aller Zeiten … schön hier, abseits von Betonien!

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